GAZ-News: Freie Presse Artikel – 24. Februar 2021

Ein großes Stück Tradition zieht von Zwickau nach Reinsdorf


Der Sicherheitsleuchtenhersteller GAZ, dessen Vorläufer mit Grubenlampen Weltmarktführer war, verabschiedet sich nach 137 Jahren aus der Muldestadt.


VON MICHAEL STELLNER

ZWICKAU/REINSDORF — Die GAZ Notstromsysteme sind künftig keine Zwickauer Firma mehr. Das Unternehmen hat am Dienstag bekannt gegeben, dass es in den kommenden Monaten den Umzug von Zwickau nach Reinsdorf planen und durchführen wird.
Spätestens Ende des Jahres soll der ebenso traditionsreiche wie schmucklose Standort an der Zwickauer Emilienstraße geräumt sein. Läuft alles wie geplant, könne die Produktion schon im Juli komplett in Reinsdorf stattfinden, teilt das Unternehmen mit.
An der Emilienstraße ist es dem Sicherheitsleuchtenhersteller zu eng geworden. Firmenangaben zufolge wurden im vergangenen Jahr in Zwickau 13 Millionen Euro Umsatz erwirtschaftet. Jährlich steigere sich der Umsatz zwischen sechs und zehn Prozent. „Sowohl in der Verwaltung, der Produktion und dem Lager stoßen wir an die Kapazitätsgrenzen, was ein weiteres Wachstum des Unternehmens verhindert“, sagt Geschäftsführer Julian Georgi.
Erweiterungsmöglichkeiten gebe es an der Emilienstraße nicht. Außerdem klagt der Betrieb über die schlechte Verkehrsanbindung – die Zufahrt liegt am Rand des Wohngebiets jenseits des Schwanenteichparks, was die Zufahrt für Speditionen sehr schwierig gemacht habe. Reinsdorf konnte offenbar die Lösung präsentieren, die man sich bei der GAZ erhofft hatte. Der neue Firmensitz befindet sich demnach im Gewerbegebiet Kirchstraße in einem alten Möbelhaus mit Lager und Verkaufsfläche, wo schon seit Sommer 2020 Planungen und Umbauten vorgenommen wurden.
8000 Quadratmeter Grundstücksfläche und 6200 Quadratmeter Gebäudefläche bedeuten praktisch eine Verdreifachung. „Zusätzlich gibt es hier genügend Raum für weiteres Wachstum in den Folgejahren“, sagt Georgi. Am neuen Standort hat man außerdem eine Anlieferrampe mit vier Toren – Luxus im Vergleich zum jetzigen Standort. Georgi will die Produktionsleistung um 25 Prozent steigern und den Stab von 70 Mitarbeitern um zehn bis 15 neue Beschäftigte erweitern. Auch zusätzliche Ausbildungsstellen für Industriekaufleute und Elektroniker seien vorgesehen.
Der Abschied der GAZ kommt dem Verlust eines der wenigen Zwickauer Originale gleich. „Trotz des Wegzugs aus dem traditionsreichen Standort Zwickau bleibt die GAZ der Region und Stadt als Zentrum verbunden“, heißt es in der Mitteilung des Unternehmens. Trotzdem ist der Wegzug als wirtschaftshistorischer Sicht etwa so, als würden in Zwickau alle Statuen, Straßen- und Gebäudenamen von Clara und Robert Schumann verschwinden. Die Grubenlampe ist ein Stück Zwickauer Identität. 1884 als Firma Friemann & Wolf gegründet, war das Unternehmen einst der größte Grubenlampenhersteller der Welt und zur Jahrhundertwende der größte Betrieb in Zwickau. In der DDR bekam die Grubenlampe den Namen GAZ – VEB Grubenlampenund Akkumulatorenwerk Zwickau. Die Notstromsysteme, die unter anderem die bekannten grünen Notleuchtenherstellen, die in jedem mehr als 400 Meter langen Straßentunnel befestigt sind, wurden 2005 als eigenständige Firma ausgegründet.
Heute plant die GAZ Sicherheitsbeleuchtungsanlagen für öffentliche und industrielle Gebäude im deutschsprachigen Raum. Den Umzug nach Reinsdorf will man in zwei Schritte aufteilen. „Zum einen in Produktion und Lager, zum anderen in den Verwaltungsbereich“, sagt Geschäftsführer Georgi. Die Arbeitsplätze in der Produktion sollen schrittweise verlegt werden, das Material solle zwischenzeitlich verlagert werden. Man spreche „durchaus von mehreren Lkws, die zwischen beiden Standorten pendeln werden“. Während der Umzugsphase solle die Produktion parallel an beiden Standorten laufen. Die Verwaltung dagegen ziehe an nur wenigen Tagen komplett um. Für Zwickau wiegt der Verlust schwer, zeigt er doch ein altes Problem auf: den Mangel an geeigneten Gewerbeflächen in der Stadt. Schon vorher hatten sich Unternehmen aus Zwickau verabschiedet, weil sie sich in der Stadt nicht mehr erweitern konnten und weil Standorte in Nachbargemeinden besser erreichbar sind – in den vergangenen Jahren zogen der Autozulieferer Adient nach Meerane und der Industrieanlagenbauer Astra nach Reinsdorf.
„Es ist immer bedauerlich, wenn ein Unternehmen die Stadt verlässt“, stellt Zwickaus Oberbürgermeisterin Constance Arndt (BfZ) fest. Für die GAZ sei das Grundstück in Reinsdorf offenbar die erste Wahl gewesen. Um weitere Wegzüge zu vermeiden, sei es wichtig, mit den Firmen frühzeitig ins Gespräch zu kommen und nach einer Lösung zu suchen, so die OB. In einem verdichteten Gebiet wie Zwickau könnten aber nicht alle Wünsche erfüllt werden. Perspektivisch will das Rathaus das ehemalige Plattenwerk an der Äußeren Dresdner Straße zu einem Gewerbegebiet umwandeln. Arndt: „Das wird ein gutes Angebot für Firmen.“ | mit jop

 

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